Erstmals internationale Daten zu Assistiven Technologien – Global report on assistive technology (GReAT)
2022 wurde der erste globale Bericht zu assistiven Technologogien gemeinsam von der World Health Organization (WHO) und dem United Nations Children’s Fund (UNICEF) in Genf vorgestellt. In einer Kultur der Digitalität, in welcher der Zugang zu assistiven Technologien entscheidend dafür sein kann, ob ein Kind Bildung erfahren kann oder nicht – gewinnt das Thema international weiter an Aufmerksamkeit.
Um die globale Situation besser verstehen zu können, wurden Daten aus 35 Ländern mit 330.000 Befragten gesammelt und ausgewertet. 70 Staaten haben zudem an einer Befragung zu assistiven Technologien teilgenommen. Die Schweiz war 2021 an den regionalen Konsultationen beteiligt. Der Bericht, der in Zusammenarbeit mit dem UNICEF-Forschungsbüro Innocenti erstellt wurde, enthält evidenzbasierte Best-Practice-Beispiele und 10 wichtige Empfehlungen zur Verbesserung des Zugangs zu assistiven Technologien für jedes Kind. Zugleich sind dort zahlreiche Lebensgeschichten aus aller Welt zu finden, die deutlich machen, welche tiefgreifende Bedeutung assistive Technologien für die Lebensgestaltung von Menschen haben können.
Derzeit sind weltweit 2,5 Milliarden Menschen auf assistive Technologien angewiesen. Dem Bericht zufolge wird diese Zahl bis 2050 auf 3,5 Milliarden ansteigen. Die Unterschiede beim Zugang zu diesen Hilfsmitteln zwischen Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen und Ländern mit hohem Einkommen sind alarmierend. In einigen Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen liegt der Zugang zu Hilfsmitteln für diejenigen, die sie benötigen, bei nur 3 Prozent, während in Ländern mit hohem Einkommen die Zahl derer, die keinen Zugang haben, viel geringer ist und bis zu 90 Prozent der Menschen die von ihnen benötigten Hilfsmittel und Dienstleistungen erhalten.
Der WHO-UNICEF-Bericht sieht assistive Technologien und ein förderliches Umfeld als Voraussetzung dafür, Menschenrechte verwirklichen zu können.
Der Bericht enthält zehn Empfehlungen:
- Nachweis des Zugangs zu assistiven Technologien in allen wichtigen Entwicklungsbereichen
- Sicherstellen, dass Hilfsmittel sicher, wirksam und erschwinglich sind
- Erweiterung, Diversifizierung und Verbesserung der Personalressourcen
- Aktive Einbeziehung der Nutzer:innen und ihrer Familien
- Sensibilisierung der Öffentlichkeit, Gewinnung politischer Unterstützung und Bekämpfung der Stigmatisierung im Zusammenhang mit der Nutzung von assistiven Technologien
- Investitionen in Daten und evidenzbasierte Politik
- Investitionen in Forschung, Innovation und ein förderliches Ökosystem
- Entwicklung und Investition in ein förderliches Umfeld
- Hilfsmittel in humanitäre Maßnahmen einbeziehen
- Bereitstellung von technischer und wirtschaftlicher Hilfe durch internationale Zusammenarbeit zur Unterstützung nationaler Bemühungen
In dem Bericht appelliert UNICEF an alle Beteiligten, bei der Entwicklung und Bereitstellung von assistiven Technologien einen intersektionellen Gerechtigkeitsansatz zu verfolgen, der denjenigen Priorität einräumt, die am schwersten zu erreichen sind und bisher zu wenig berücksichtigt werden, wie Mädchen, Kinder mit Behinderungen, ethnische und religiöse Minderheiten und andere vulnerable Gruppen.
Im Bericht appelliert die UNICEF, bei der Entwicklung und Bereitstellung von assistiven Technologien, nicht nur die klassischen Diskriminierungskategorien (wie z.B. Gender, Behinderung, Ethnie und Religion) zu beachten, sondern vielmehr einen intersektionellen Gerechtigkeitsansatz zu verfolgen, der auch die Überschneidung oder Gleichzeitigkeit verschiedener Diskriminierungskategorien in Personen oder Personengruppen (bspw. Mädchen mit Behinderung) zu berücksichtigen.
Die Forschung ist von grundlegender Bedeutung für den Auftrag von UNICEF. Im Jahr 2021 wurde daher ein Kompetenzzentrum für Daten über Kinder mit Behinderungen eingerichtet. Der Zugang zu assistiven Technologien ist für die 240 Millionen Kinder mit Behinderungen in der Welt oft der erste Schritt für die kindliche Entwicklung, den Zugang zu Bildung, die Teilnahme am Sport und am gesellschaftlichen Leben und die Vorbereitung auf das Berufsleben wie bei allen anderen Kindern.
Der Bericht findet sich unter:
World Health Organization & United Nations Children’s Fund (UNICEF)(2022). Global report on assistive technology. World Health Organization. https://apps.who.int/iris/handle/10665/354357. Lizenz: CC BY-NC-SA 3.0 IGO